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Fleabag: Schonungslos ehrliche Comedy

Vor Kurzem erklärte mir eine Freundin eindringlich, ich müsse mir unbedingt die Serie Fleabag (Amazon Video) anschauen. Der Humor sei schon sehr derbe, aber die Serie wirklich gut.
Weil ich immer auf der Suche nach Nachschub bin, tat ich das natürlich auch und muss sagen: Sie hatte recht.




Worum es geht: Fleabag (dt. Ekelpaket) ist die namensgebende Protagonistin der Serie. Sie bezeichnet sich selbst als eine „gierige, perverse, selbstsüchtige, abgestumpfte, zynische, verkommene, moralisch bankrotte Frau“. Fleabag spricht alles aus, was ihr in den Sinn kommt und verprellt mit ihrer direkten Art, die Menschen in ihrem Leben. Der Tod ihrer besten Freundin Boo wirft sie schließlich komplett aus der Bahn. Nun muss sich Fleabag alleine durchschlagen, denn mit Boo verliert sie letztlich ihre einzige Vertraute. Sie versucht verzweifelt, das gemeinsam eröffnete Café vorm Scheitern zu bewahren und mit ihrer Trauer klarzukommen. Gleichzeitig gibt es da noch die Probleme mit ihrer Familie - insbesondere ihrer Stiefmutter - und den Männern.

Wie es der Zuschauer schon aus Serien wie House of Cards oder Mr. Robot kennt, wendet sich die Protagonistin direkt an den Zuschauer. Sie kommentiert alles – ob Analsex oder Familienessen – und nutzt diesen Dialog gleichzeitig, um dem Zuschauer einzureden, dass mit ihr alles okay sei. Tatsächlich hat man nur selten das Gefühl, die echte Fleagbag und ihre wahren Gedanken und Gefühle kennenzulernen.

Es sind vor allem die Rückblenden, die Momente der Erinnerung an ihre Freundin Boo, die dem Zuschauer einen Eindruck davon geben, wer Fleabag wirklich ist – oder war. Diese Momente sind es auch die einen kurzen Einblick in ihr Seelenleben erlauben.

Neben Fleabag selbst, stehen vor allem ihre Familienmitglieder im Fokus der Serie: ihre Schwester Claire und ihr Ehemann Martin (gespielt von Brett Gelman), ihr Vater und ihre Stiefmutter (Olivia Colman). Wobei ihre Stiefmutter sowas wie der Antagonist der Serie ist. Die Probleme in der Familie werden nur oberflächlich behandelt – eigentlich erfährt man nur, dass es sie gibt. Jedes tiefergehende Gespräch wird sofort im Keim erstickt. Das macht die Serie aber keinesfalls langweilig, sondern ehrlich.

Ich empfand die Dynamik zwischen Fleabag und ihrer Schwester besonders interessant. Wirken sie auf den ersten Blick sehr unterschiedlich, erkennt man im Verlauf der Serie einige Gemeinsamkeiten. 

Fleabag stammt aus der Feder von Phoebe Waller-Bridge (auch bekannt aus Crashing), die gleichzeitig auch die Hauptrolle spielt, und basiert auf ihrem hochgelobten Bühnenprogramm, für das Waller-Bridge einige Preise und Nominierungen erhalten hat (u.a. der Critics’ Circle Theatre Award in der Kategorie Vielversprechendste/r Autor/in für Fleabag).

Waller-Bridge ist mit Fleabag eine entwaffnend ehrliche und schonungslose Comdey-Serie gelungen. Gelegentlich erinnert sie an die amerikanische Serie Girls, wobei Fleabag meiner Meinung nach häufig noch ein bisschen weiter geht.
Die Protagonistin ist mit ihrem Zynismus vom ersten Eindruck wahrscheinlich eher der Typ Anti-Heldin, aber sie spricht aus was viele Frauen denken. Um nur ein Beispiel zu nennen: Als bei einem Frauenforum die Frage gestellt wird, wer bereit ist fünf Lebensjahre gegen den perfekten Körper zu tauschen, sind Fleabag und ihre Schwester die einzigen, die sich melden. Woraufhin Fleabag nur trocken feststellt: „Wir sind beschissene Feministinnen.“ Ich bin nicht stolz drauf, aber da war auch bei mir dieses kurze Zögern… wie wahrscheinlich bei sehr vielen Frauen. Was wirklich alles andere als gut ist - das weiß ich!!! – aber ich erspare euch jetzt mal die Diskussion zum Thema Bodyimage und Gesellschaft.

Staffel eins besteht aus sechs Episoden à 25 Minuten. Das ist leider nicht sehr viel. Doch zum Glück wurde eine zweite Staffel bereits bestätigt. Diese soll noch dieses Jahr gedreht und 2018 veröffentlich werden.

Besonderes Highlight der Serie ist übrigens ein Meerschweinchen. Ein Tier, dem in der Welt von Film und Fernsehen erschreckend wenig Aufmerksamkeit zukommt.

 

Photo Credits: Amazon Video/BBC Three

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